Indie-Rock Nacht – Was ihr verpasst habt im Februar

Es lebe der Punk – in allen Facetten! Hier im akustischen Indie-Gewand von VIVA PUNK!

Eigentlich hatten wir uns diesen Konzertabend ein bisschen anders vorgestellt. Nicht nur von der Publikumszahl; die ursprünglich angekündigten Miss Overdrive mussten krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Noch kurzfristiger haben wir aber in der KfAmily adäquaten Ersatz gefunden. Andrea Hoffmann ist mit ihren beiden Sidekicks Benjamin Mathe und Roman Erken (der auch als federführender Veranstalter verantwortlich zeichnete) eingesprungen. Das Mainzer Akustik-Trio VIVA PUNK! ist erst wenige Monate am Start, nimmt aber mit seinen originellen Interpretationen ausgewählter Punk-Songs das Publikum schon beim ersten Mal hören mit. Spätestens beim zweiten Mal wird man Fan. Von The Boys über Dritte Wahl bis TV Smith wird ein Programm für Kenner durch innovative Arrangements mit Klavier, Akustikgitarre und Cajon im Independent-Gewand aufgehübscht – was am Ende eindeutige Zugabeforderungen zur Folge hat.

Mustergültige Beat-Kapelle: The Straight A haben die Reifeprüfung beispielhaft bestanden.

The Straight A (sinngemäß „Musterschüler“) haben ihre Hausaufgaben in Song-Geometrie gemacht. Nach kurzem Bühnenumbau schraubten die drei Frankfurter in ihrem Garage Rock ein paar schicke Klang-Karossen zusammen aus dem Charme einer 60ies Beat-Kapelle mit rotziger Punk-Attitüde. Nix für kurvige Strecken, dafür aber umso spaßbringender im gediegenen Geradeauslauf. Reduziert auf energisch ins Blech gedengelte Gitarrenakkorde, sauber gestanzten Beats und einem antriebsfreudigen Achtelbass mit kultig britisch nölendem Gesang, der glatt als Mick Jagger Double durchgehen könnte. Kunden, denen The Strokes gefallen, fanden auch The Straight A gut.

Von wegen Club der toten Dichter: Dead Air Poetry boten quicklebendigen, kompositorisch beseelten Indie-Progressive-Rock.

Tief beeindruckt zeigte sich das Publikum zum Finale mit Dead Air Poetry: die vier Klang-Architekten aus dem Koblenzer Raum kreieren aus einer Klangfülle mit feinsinnig dosierten Gitarren-Delays und dreistimmigen Satzgesängen einen geradezu opernhaft progressiven Duktus. Vergleiche sucht man vergeblich. Ihre in dieser Art noch nicht erlebten Stil-Verbindungen evozieren bisweilen ein leicht countryeskes Feeling, erinnern in manchen Nuancen an Skunk Anansie und müssen dem Zuhörer zwischendurch immer wieder Zeit zur Orientierung einräumen, zwischen den dicht verfugten Stimmungsblöcken, versetzter Tempi und Harmonie-Dynamik. Auch hier war dringend eine Zugabe erforderlich, bevor sich die Zuhörer gegenseitig die Kinnladen wieder hochklappten.

Die drei Bands hätten mehr von diesem Publikum verdient, dass sich gerne beeindrucken und begeistern ließ und diesen Konzertabend garantiert im Nachgang noch intensiv reflektierte.

asche

Ist zwar Kunst, kam aber trotzdem weg: Man konnte sich vor allgegenwärtig überbordender Kreativität kaum retten bei der Indie-Rock Nacht.